kritisch denken

Religion

Religionsunterricht am HGO: Eine Einladung an alle

1. Organisatorischer Rahmen

Gemäß Art. 7 Abs. 3 GG gilt: „Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen […] ordentliches Lehrfach.“ Das bedeutet, dass das Unterrichtsfach Religion formal-organisatorisch dieselbe Stellung hat wie alle anderen üblicherweise zweistündig unterrichteten Fächer (sog. Kurzfächer). Der Religionsunterricht am HGO wird in den Jahrgängen 5-10 konfessionell-kooperativ erteilt. Dies bedeutet, dass die Inhalte aus ökumenisch-christlicher Perspektive behandelt werden und alle Schüler einer Klasse denselben Religionsunterricht besuchen. Für die Teilnahme am Religionsunterricht besteht keine besondere Voraussetzung. Das bedeutet, dass auch nicht getaufte Schüler*innen oder Angehörige anderer Religionen den Religionsunterricht besuchen können – und dies am HGO auch zahlreich tun.

Eltern, ab der eingetretenen Religionsmündigkeit (d.h. ab dem 14. Geburtstag) auch die Schüler*innen selbst, haben das Recht zu entscheiden, ob ein*e Schüler*in am Religionsunterricht teilnimmt oder nicht. Sollte die Teilnahme nicht erwünscht sein, muss unter Wahrung der schulischen Frist (siehe Terminplan) eine schriftliche Abmeldung vom Religionsunterricht eingereicht werden. Für diesen Fall besucht ein Kind das hierfür vorgesehene Ersatzfach „Werte und Normen“.

Religionsunterricht wird durchgehend von Jahrgang 5 bis 13 erteilt. Dabei baut der Unterricht der höheren Jahrgänge spiralcurricular auf den früheren Jahrgängen auf, d.h. dass Inhalte aus den unteren Jahrgängen in den höheren Klassen erneut aufgegriffen, dort vertieft und zunehmend vernetzt werden. Am Herbartgymnasium haben in den vergangenen Jahren viele Schüler*innen das Fach Religion als Prüfungsfach im Abitur gewählt (sog. eA-Kurs mit schriftli­cher Prüfung, sog. gA-Kurs mit mündlicher oder schriftlicher Prüfung).

2Zielstellungen des Religionsunterrichtes am HGO

„Wer von Religion keine Ahnung hat, glaubt am Ende alles“, sagte 2013 der Göttinger Jurist Hans Michael Heinig. Dies gilt sowohl mit Blick auf gezielte Desinformation durch Vertreter einzelner religiöser Gruppen als auch bezüglich einer ganz allgemeinen Ahnungslosigkeit in religiösen Dingen. Und es gilt insbesondere überall dort, wo wenig oder gar nicht über Religion/en gesprochen wird: Es entstehen Vor-Urteile.

Der Religionsunterricht am HGO setzt sich daher zum Ziel, Schüler*innen durch zeitgemäße, differenzierte Bildung religiöse Kenntnisse zu vermitteln. Unser Unterricht möchte Schüler*innen darin unterstützen, zu persönlich und gesellschaftlich relevanten Herausforde­run­gen eigene und begründete Standpunkte zu gewinnen, die ihnen nicht nur für ihre Schul­zeit, sondern auch für ihr Leben nach der Schule Orientierung geben können.

Er „erprobt […] als ein Angebot an alle die Sprach-, Toleranz- und Dialogfähigkeit christlichen Glaubens in der Gesellschaft. Er eröffnet damit einen eigenen Horizont des Weltverstehens, der für den individuellen Prozess der Identitätsbildung und für die Verständigung über gesellschaftliche Grundorientierungen unverzichtbar ist.“ (Niedersächsisches Kultusministe­rium, Kerncurriculum für das Gymnasium Schuljahrgänge 5-10, Evangelische Religion, S.5) Dabei kommt es – auch für die Benotung! – nicht darauf an, dass unsere Schüler*innen am Ende etwas Bestimmtes glauben, sondern dass sie zu curricular vorgeschriebenen, denkerisch oft anspruchsvollen Inhalten sachlich differenziert und methodisch fundiert zu arbeiten gelernt haben.

3. Unterrichtsinhalte (in Auswahl)

Religionsunterricht am HGO ist im besten Sinne allgemeinbildender Unterricht, der für den Menschen relevante Inhalte methodisch abwechslungsreich präsentiert und dabei immer wieder eine schülernahe thematische Aufbereitung zum Ziel hat. Die zu behandelnden Inhalte basieren auf den Vorgaben der sog. Kerncurricula des Niedersächsischen Kultusmi­nisteriums für die Fächer Evangelische und Katholische Religion. Im Folgenden stellen wir eine Auswahl der Sequenzthemen einzelner Jahrgänge vor, die einen Ein­druck der thematischen Vielfalt des Religionsunterrichtes vermitteln kann.

Jahrgang 5

 Ich und die anderen (Wie gehe ich mit anderen um? Welche Regeln scheinen Schüler*innen sinnvoll im Umgang miteinander? Welche biblischen Regeln scheinen uns auch heute für ein gutes Miteinander sinnvoll [z.B. Goldene Regel, Doppelgebot der Liebe], welche nicht [z.B. Todesstrafe bei Homosexualität laut Lev 20,13]?)

Gott als Schöpfer und Begleiter (Woher kommt die Welt? Woher kommen die Menschen? Was sagt die Bibel dazu? Was ist der Unterschied zwischen einem (biblischen) Mythos und einer wissenschaftlichen Darstellung? Inwieweit sind die biblischen Mythen zeitgebunden? Wie haben sich andere Menschen in der Vergangenheit die Entstehung der Welt erklärt? Welche Erklärungen bieten die modernen Naturwissenschaften für die Entstehung der Welt [Urknallhypothese] und des Menschen [Evolutionstheorie]?)

Jahrgang 6

Die abrahamitischen Religionen – Vergleich mit Schwerpunkt Judentum (Wo spielt/e jüdisches Leben in Oldenburg und Deutschland eine Rolle? Was haben Judentum und Christentum gemeinsam? Wo liegen Unterschiede? Welche Feste feiern Juden? Besuch der Oldenburger Synagoge)

Jesus in seiner Zeit und Umwelt (Wer war Jesus von Nazareth? Wie sah die Gesellschaft aus, in der Jesus lebte [politisch, gesellschaftlich]? Was war das Neue an dem, was Jesus gelehrt hat [z.B. Umgang mit den sozial Ausgegrenzten der damaligen Gesellschaft, d.h. mit Frauen, Kindern, Schuldigen, Kranken, Armen, …]? Was von dem hat für die Gegenwart eine Bedeutung? Wieso wurde Jesus gekreuzigt? Wieso feiern wir heute Feste wie Ostern oder Weihnachten?)

Jahrgang 7 

Den Islam kennen lernen – die dritte abrahamitische Religion (Wo spielt muslimisches Leben in Oldenburg und Deutschland eine Rolle? Seit wann gibt es den Islam, wie ist er entstanden? Wer war Mohammed? Wie stellen sich Moslems Gott vor? Welche Gemeinsamkeit und Unterschiede gibt es zwischen den sog. monotheistischen Religionen, die nur an einen Gott glauben, also zwischen Judentum, Christentum und Islam? Welche Einstellungen hat der Islam zu bestimmten Fragen, z.B. zum Frauenbild? Inwieweit kann man auf die religiösen Empfindungen anderer Menschen Rücksicht nehmen? ggf. Besuch einer Oldenburger Moschee)

Jahrgang 8

Miteinander leben – Verantwortlich handeln für Frieden und Gerechtigkeit (Wo beobachten Schüler*innen, dass Dinge heutzutage gerecht oder ungerecht ablaufen? Welche gesellschaftlichen Missstände haben die Propheten im Alten Testament angeklagt [z.B. Ausbeutung der armen Tagelöhner, Schere zwischen Arm und Reich, Bestechlichkeit der Gerichte, Steuerbetrug]? Was können uns diese Texte in Bezug auf aktuelle Konflikte sagen? Welche Vorbilder können Schüler*innen haben? Wie können wir selbst die Welt ein Stückchen besser machen [ggf. konkrete Projekte]?)

Jahrgang 9

Sterben und Tod als Anfragen an das Leben (Wie gehen wir mit dem Thema „Tod“ um? Wie wollen die Schüler*innen alt werden, wie wollen sie selbst sterben, wenn sie einmal alt sind? Was bedeutet „Sterbehilfe“ [juristischer Rahmen]? Was spricht für, was gegen Sterbehilfe? Was bedeutet „Menschenwürde“? Welche biblischen Grundlagen können sie begründen [z.B. die sog. Gottebenbildlichkeit des Menschen in Gen 1]? Braucht man eine biblische Begründung? Wie trauern Menschen? Was kann trösten? Was kommt nach dem Tod?: Was sagt das Christentum, was bedeutet „Auferstehung“? Was sagen andere Religionen oder Weltanschauungen zum Thema? Was denken die Schüler*innen selbst? Welche Konse­quenzen kann die eigene Endlichkeit für die Lebensgestaltung haben? ggf. Besuch des Everstener Friedhofs und/oder eines Hospizes, z.B. Hospiz St. Peter und/oder eines Bestattungsunternehmens)

Jahrgang 10

Der verborgene Gott (Wann fragen Menschen nach Gott [z.B. im Glück, im Leid]? Kann man angesichts von großem Leid überhaupt an Gott glauben [schwere Krankheit, Natur­kata­strophen, Gewalterfahrungen, …]? Wie erklärt das Hiobbuch im Alten Testament das Leid, das Hiob widerfährt? Wo spielt das Thema des Hiobbuches heute eine Rolle [z.B. in Filmen, Liedern, Literatur, bildender Kunst; ggf. inkl. Filmanalyse]? Kann die Gestalt des Hiob uns heute noch etwas sagen?)

Kirchliche Verantwortung in Staat und Gesellschaft (In welchem Verhältnis standen Staat und Kirche im Verlauf der letzten 2000 Jahre? Welche Rolle spielten die Kirchen im Nationalsozialismus? Welche Rolle spielen die Kirchen heute in der Gesellschaft, auch konkret in Oldenburg? Zu welchen Themen nimmt Kirche Stellung [z.B. Abtreibung, Flüchtlingsfrage, Kirchenasyl, Ehe für alle/Homosexualität, Sterbehilfe; Unterschiede innerhalb der Konfes­sionen]? Wie beurteilen Schüler*innen diese Positionierung zu gesellschaftlichen Fragen? Ist Kirche überflüssig? Muss Kirche sich verändern? Welche Skandale prägen die öffentliche Wahrnehmung von Kirche [z.B. Missbrauchsskandal in den Kirchen]?)

Ansprechpartnerin für das Fach Religion ist Margitta Berghaus (E-Mail: [Nachname]@hgo-ol.de).