Ivar Buterfas-Frankenthal, Jahrgang 1933, schilderte als NS-Zeitzeuge und Holocaust-Überlebender seine Lebensgeschichte – eine Geschichte, die bewegt, mit der er aber vor allem mahnt: „Wir müssen erinnern, wir müssen aufklären. Wenn wir das nicht tun, dann wiederholen wir.“
Buterfas sprach in der Aula vor insgesamt 400 Gästen, darunter überwiegend Schülerinnen und Schüler des HGO und des AGO, aber auch Mitglieder der Polizeidirektion Oldenburg. Dabei berichtete er, der Sohn eines jüdischen Vaters, wie er als Sechsjähriger in seinem ersten Schuljahr an einer Hamburger Schule aufgrund seiner Herkunft ausgeschlossen wurde und wie er dem darauffolgenden Hass und der Gewalt seiner ehemaligen Mitschüler knapp entkam. Er schilderte aber auch das grausame Schicksal Gleichaltriger, die später den verbrecherischen Menschenversuchen Josef Mengeles in Ausschwitz zum Opfer fielen. Und immer wieder folgten seinen Berichten eindringliche Appelle an die anwesenden Jugendlichen, „vehement dafür zu kämpfen, dass so etwas nie, nie wieder passieren wird“.
Buterfas‘ jüdischer Vater wurde schon früh durch die Nazis im KZ Esterwegen inhaftiert. Er selber floh mit seiner Mutter und den Geschwistern zu Fuß ins nördliche Polen, als auch ihnen die Deportation drohte. Acht Monate später waren sie gezwungen, auch diesen Ort zu verlassen und kehrten ins mittlerweile vom Krieg zerstörte Hamburg zurück. Dort hausten sie in Kellern zerbombter Häuser, zogen umher und lebten von dem, was sie in den verlassenen, zerstörten Gebäuden fanden – immer in der Gefahr, durch die Gestapo entdeckt und deportiert zu werden. Eindringlich schilderte Buterfas die enge Bindung zu seinen Geschwistern, die ihm „halfen, das Kriegsende zu überstehen“. Besonders zu seinem viel älteren Bruder Rolf bestand eine prägende Verbindung. Jener hatte bereits das Abitur bestanden und war für seinen kleinen Bruder „ab sofort der Lehrer“, denn eine Schule hat Buterfas nach seinem Ausschluss als Sechsjähriger nie wieder besuchen können. Rolf und er waren es auch, die durch ihre „Plünderungen“ während ihrer Zeit in den Verstecken die Familie versorgten.
Immer wieder verknüpfte Buterfas seine Schilderungen mit Beispielen dafür, wie sehr die damalige Gesellschaft mit dem nationalsozialistischen Gedankengut durchzogen war und wie sehr auch nach Kriegsende einflussreiche Posten von den gleichen Personen besetzt blieben. Darin sieht er auch den Grund, dass er erst 1961 – 16 Jahre nach Kriegsende – seine deutsche Staatsbürgerschaft zurück erhielt, welche ihm 1942 durch die Nazis entzogen worden war. Bis weit ins Erwachsenenalter hinein galt Buterfas als Staatenloser, als „Mensch ohne Wert“, dem dadurch grundsätzliche Bürgerrechte verwehrt blieben.
Nach Oldenburg war Buterfas mit seiner Frau Dagmar gereist, mit der er zusätzlich zu den gemeinsamen Vorträgen an Schulen und Universitäten auch durch ihre veröffentlichten Bücher erinnern und mahnen möchte. Es war dem Redner ein spürbares Anliegen, den anwesenden jungen Menschen seine Erfahrungen jener Zeit nahezubringen, um in ihnen ein Bild davon zu erwecken, was nicht wieder passieren darf und wogegen sich die Gesellschaft stellen muss.