Zum Abschluss der Unterrichtssequenz zum Thema „Andere Religionen – Das Judentum kennenlernen“ hat der Religionskurs der Klasse 6b gemeinsam mit Frau Berghaus die Oldenburger Synagoge besucht.
Für die meisten Schülerinnen und Schüler war es der erste Besuch in der jüdischen Gemeinde, durch den sie ihre bislang vor allem theoretisch erworbenen Kenntnisse zu den Bereichen jüdisches Gotteshaus, Tora oder Glaubens- und Lebensregeln um einen persönlichen Eindruck bereichern konnten. Mit Frau Harel hat uns ein Gemeindemitglied kundig, freundlich und mitreißend Aspekte jüdischen Lebens anschaulich nähergebracht. So war uns im Vorfeld z.B. nicht klar gewesen, wie feierlich und fröhlich eine der aufwendig gestalteten Torarollen für den Gottesdienst aus dem Toraschrein gehoben wird oder dass der Tagesabschnitt der Tora auf Hebräisch nicht einfach nur vorgelesen, sondern gesungen wird – was gar nicht so einfach ist, wenn man bedenkt, dass es im biblischen Hebräisch nur Konsonanten gibt und man die Vokalen und die genaue Melodie im Kopf haben muss. Auch dass an jedem Türpfosten des Synagogengebäudes eine sog. Mesusa hängt, in der sich meistens das Sch’mah Jisrael (das Jüdische Glaubensbekenntnis) befindet, haben wir schnell selbst entdeckt. Überrascht waren die meisten Schülerinnen und Schüler davon, wie modern und vergleichsweise schlicht der eigentliche Gottesdienstraum gestaltet ist – ganz anders nämlich als die alten Synagogen, die die Zeit des Nationalsozialismus überlebt haben und die am 9.11.1938 nicht den Flammen zum Opfer gefallen sind. Auch eine Trennung zwischen Männern und Frauen durch eine Empore oder einen Vorhang gibt es in der Oldenburger Synagoge nicht. Dass wir schließlich noch einen Blick in die sog. Mikwe (ein tiefes Wasserbecken, das der rituellen Reinigung zu besonderen Anlässen dient) werfen konnten, hat uns alle fasziniert.
Vor der neuen Synagoge in der Leo-Trepp-Straße (eingeweiht 1995)
Auf dem Rückweg zur Schule haben wir die Erinnerungs- und Mahnorte in der Peterstraße aufgesucht: Als wir vor der Erinnerungstafel mit den Namen der während der NS-Zeit getöteten Oldenburger Jüdinnen und Juden standen, fiel uns auf, dass ganze Familien mit mehr als zehn Personen die Verfolgung durch die Nazis nicht überlebt haben. Sofort haben wir nachgerechnet und festgestellt, dass von unseren eigenen Familien (Mama, Papa, Geschwister, Oma, Opa, Tante, Onkel, Cousine, Cousin) oft keiner mehr übrig wäre, wenn es uns getroffen hätte. Das hat uns sehr nachdenklich gestimmt. An der letzten Station unseres Rückwegs, dem Mahnmal am Standort der Alten Synagoge, die 1938 zerstört wurde, lagen noch die Steine und die Blumen, die unsere Schulgemeinschaft im Rahmen des diesjährigen Erinnerungsgangs dort abgelegt hat.
Am Mahnmal in der Peterstraße (Standort der Alten Jüdischen Synagoge bis 1938)
Gewalt und Verfolgung in der Vergangenheit auf der einen Seite – Begegnung und Kennenlernen in der Gegenwart auf der anderen Seite. „Der Besuch in der Synagoge war richtig toll!“, lautete abschließend das einhellige Urteil der Schüler und Schülerinnen.